Um-uns und In-uns

Karl Vejnik bezieht sich in seinem neuesten Bilder-Zyklus „Um-uns und In-uns“ in erster Linie auf Friedrich Nietzsches 1881 erschienenes philosophisches Werk „Morgenröte. Gedanken über die moralischen Vorurteile“, das sich dem Thema der Moral, der Entstehung und dem Anspruch auf Wahrheit moralischer und religiöser Lehren, widmet. Karl Vejnik hinterfragt in seinen Bildern Moralvorstellungen und – dem gegenübergestellt – menschliche Abgründe, die sich in Zerstörung oder Gewalt äußern.

Er wählt diesmal das Mittel der Collage, wobei der reliefartige nahezu monochrome helle Untergrund erstmals in Vejniks Schaffen um Schriftzitate und unterschiedliche Gegenstände erweitert wird. Auffällig die farbigen Malerpaletten in der Mitte der Bilder, die geprägt sind von zufälligen Gebrauchsspuren und für den Künstler als maskenhaftes Gesichter stehen. Dunkle Farben gemischt mit hellen lassen positive und negative Eigenschaften nachempfinden. Vereinzelte Farbspritzer ziehen sich über den Untergrund und tragen die Farben der Palette weiter. Weitere Gegenstände finden sich wie der Stacheldraht, der Gefangenschaft symbolisiert. Rostige, teils verbogene Nägel stehen für Religion, Projektile und Verbände für Gewalt, aber immer wieder dazwischen finden sich Schlüssel, die Erkenntnis versinnbildlichen und auf einen positiven Ausgang hoffen lassen.

Zitate von Friedrich Nietzsche mischen sich mit eigenen Zitaten, so finden sich die Aphorismen „Erziehung: wesentlich das Mittel, die Ausnahme, eine Ablenkung, Verführung, Ankränkelung zu ruinieren zu Gunsten der Regel.“ (F. Nietzsche) neben „Ihr Religionen Ihr verletzt meinen Verstand“ (K. Vejnik). Einige markante Worte sind gestempelt wie das die Serie bestimmende Wort „Moral“, manchmal verweist Vejnik lediglich mit Buch- und Seitenangaben auf bestimmte Stellen in der „Morgenröte“. Karl Vejnik verarbeitet seine Auseinandersetzung mit Friedrich Nietzsche in seinen Collagen, er stellt Fragen zu Ethik und Moral, nicht ohne auch die Betrachterinnen und Betrachter zu einem Gedankenaustausch einzubeziehen.

Nora Leitgeb

Jänner 2016